Bürgermeister im Dialog

Interview mit Christian Klein, Battenberg (Eder)

Christian Klein, Bürgermeister Battenberg (Fotografiert von Dagmar Schneider)

Was zeichnet Battenberg besonders aus, warum sollte man hier leben?

Oh, für unsere Stadt spricht vieles: Battenberg ist eine sehr schön im Mittelgebirge gelegene kleine Stadt mit interessanten historischen Verbindungen in das englische Königshaus. Das Adelsgeschlecht Mountbatten, das sich bis zum Ersten Weltkrieg noch nach ihrem Ursprung Battenberg nannte, ist vor allem wegen des verstorbenen Mannes der britischen Königin Prinz Philipp Mountbatten bekannt.
Dann bietet die Stadt durch Topographie und Natur schöne Wohnlagen mit guter Infrastruktur. In Battenberg gibt es Kindergärten, Schulen, Sportanlagen, Schwimmbäder, ein aktives Vereinswesen und natürlich die Natur in ihrer Vielfalt direkt vor der Haustür. Und weil der Mensch nicht von Natur und Schönheit alleine lebt, spielt natürlich auch die Wirtschaft eine wichtige Rolle. In einem Radius von 15 km befinden sich zahlreiche renommierte Unternehmen. Kurzum: Hier in Battenberg lässt es sich gut leben.

Der ländliche Raum steht vor besonderen Herausforderungen. Wie gehen Sie in Battenberg damit um?

Sicher hat der ländliche Raum besondere Herausforderungen. Aber diesen stellen wir uns ganz bewusst und arbeiten unsere Stärken heraus. Ich glaube, dass gerade die Corona-Krise gezeigt hat: Der ländliche Raum hat auch große Vorteile. Denn hier gibt es im wahrsten Sinne des Wortes mehr Raum zum Leben.

Und welche Maßnahmen ergreifen Sie, welche Chancen sehen Sie?

Aktuell sind einige Projekte auf dem Weg. Ein Problem, das viele auf dem Land kennen, ist die Sicherung der ärztlichen Versorgung. Wir planen dazu aktuell ein Gesundheitszentrum, dessen Bau schon 2022 beginnen soll. Mit dieser Versorgungsform meistern wir die demographischen Herausforderungen, indem wir die Akteure in Gesundheit und Pflege vernetzen. Auch mit Umbau- und Modernisierungsmaßnahmen in Kindergärten und Gemeinschaftshäusern stärken wir gezielt die Infrastruktur und das soziale Miteinander in Battenberg.

Ein Thema, an das man bei unserer geographischen Lage vielleicht nicht sofort denkt, sind die Bereiche Wasser und Abwasser. Hier investieren wir erheblich, um die Infrastruktur auf den neuesten Stand zu bringen und nachhaltig zu gestalten. Konkret geht es um Fernüberwachung und Steuerungstechnik der Anlagen, damit beispielweise große Wasserpumpen nicht unnötig lange laufen und entsprechend viel Energie verbrauchen.
Zudem entstehen gerade ein Kunstwanderweg und eine Beachvolleyball-Anlage. Und zusammen mit anderen Kommunen und dem Kreis Waldeck-Frankenberg arbeiten wir an einem großen Trail für Mountainbiker. Unsere Chance ist es, allen Generationen attraktive Lebensbedingungen zu bieten.

Welche Bedeutung hat das Infrastruktur-Angebot – Verkehrsanschlüsse, ÖPNV, Bäder, Gewerbeflächen, Breitband-Versorgung, eGovernment, nachhaltige Energieversorgung – einer Kommune für Bürger und Gewerbe?

Alle genannten Punkte sind als Puzzlesteine für ein gutes Gesamtergebnis nötig. Und das Bild vom Puzzle ist wichtig, denn ohne intelligente Systeme und Vernetzung geht im Bereich der Infrastruktur heute nichts mehr. Was wir nicht alleine umsetzen können, machen wir in Zusammenarbeit mit anderen Kommunen. Den Landkreis als Partner habe ich schon erwähnt, zusammen mit den Nachbarkommunen Burgwald und Ernsthausen schaffen wir gerade ein gemeinsames Gewerbegebiet – das wird der gesamten Region Vorteile bringen.

Interessant! Welche Infrastruktur-Projekte laufen in Battenberg als IKZ, welche stemmt die Kommune alleine?

Wir sind im Bereich Tourismus, Feuerwehrbeschaffungen, Umsetzung des Online-Zugangsgesetzes (OZG) und IT, Abwasserentsorgung und Wasserversorgung teilweise interkommunal aufgestellt. Die baulichen Infrastrukturprojekte sind eigenständig bei der Stadt Battenberg. Dabei fällt es uns als vergleichsweise kleiner Kommune zunehmend schwerer, die notwendigen Mittel für Innovationen und Stadtentwicklung aufzubringen. In all diesen Bereichen werden die Standards immer weiter angehoben. Deshalb sind wir darauf angewiesen, durch pfiffige Ideen Fördermittel zu generieren. Uns würde es deutlich helfen, wenn Planungsverfahren vereinfacht würden. Das gilt vor allem für die Förder- und Bauverfahren.

Welche Bedeutung hat aus Ihrer Erfahrung die Digitalisierung für Kommune, Bürger und Gewerbe?

Die Digitalisierung ist elementarer Bestandteil der gegenwärtigen Entwicklung und praktisch in allen Lebens- und Arbeitsbereichen präsent. Das bietet enorme Chancen wie Distanz-Arbeit, smarte Steuerungstechniken oder das digitale Rathaus. Aber Digitalisierung bringt natürlich auch neue Risiken mit sich. Ein Beispiel dazu: Kürzlich ist in unserer Region bei Bauarbeiten ein wichtiges Glasfaserkabel beschädigt worden, da ging dann bis zur Reparatur erst einmal so gut wie nichts mehr.

Stichpunkt OZG – wie gehen Sie in Battenberg vor und wie kommen Sie voran? Was ist erledigt, was noch offen?

Gemeinsam mit unseren Partnern wie der ekom21 arbeiten wir uns Stück für Stück voran. Die Planungen sind ehrgeizig, die Materie ist komplex und aufwändig. Aber erste Anwendungen sind eingestellt. Wir haben uns zunächst auf Bereiche konzentriert, die für die Bürger eine besondere Erleichterung bedeuten wie das Bürgerbüro oder die Kfz-Zulassungsstelle. Zur Bundestagswahl konnten Bürger ihre Briefwahlunterlagen per Internet anfordern, Autohalter müssen in der Zulassungsstelle nicht mehr warten, sondern buchen im Vorfeld einen Termin – um nur zwei Beispiele zu nennen. Die Finanzabteilung sowie innerbetriebliche Abläufe digitalisieren wir gerade, auch ein digitaler Sitzungsdienst ist in Vorbereitung. Es liegt aber noch viel Arbeit vor uns.

Als Bürgermeister sind Sie ja Verwaltungschef – welche Rolle hat das Digitale Rathaus für Bürgermeister, welche Rolle spielen technische Innovationen wie eAkte und eGovernment?

Das digitale Rathaus hat für uns als Bürgermeister eine hohe Bedeutung, denn es verspricht deutliche Effizienz-Gewinne. So wird die eAkte Schritt für Schritt den Aktenordner ersetzen. Das ist schneller, einfacher im Zugriff und schont Ressourcen. Oder nehmen Sie das Beispiel Videokonferenzen. Diese ersparen viel Fahrzeit und gehören mittlerweile fest zum Alltag. Gleichwohl ist der Bürgermeister Ansprechpartner für alle Bürger – digital und analog. Echte Treffen und Diskussionen mit Bürgern etwa beim Gang durch Battenberg bleiben unersetzbar. Gerade die Nähe macht einen Teil des Charmes von Battenberg aus.

Wie sah die Verwaltung vor zehn Jahren im Vergleich zu heute aus, was hat sich seither geändert? Wie modernisieren Sie gerade die kommunale Verwaltung?

Ich denke, dass sich die früher fast komplett analoge Verwaltung kaum noch mit der heutigen Verwaltung vergleichen lässt. Allein durch die modernen Kommunikationsmittel hat sich das Tempo enorm erhöht. Ohne grundlegende EDV-Kenntnisse kommt man in keinem Verwaltungsbereich mehr zurecht. Zurzeit erneuern wir im Rahmen der Sanierung die technische Infrastruktur grundlegend. Die komplette innere Verwaltung wird vom Eingang bis zum Archiv kurzfristig digitalisiert werden.

Wie arbeiten Sie mit der ekom21 zusammen und was sind Ihre Erfahrungen?

Die ekom21 ist einer unserer starken Partner im gesamten Prozess. Durch die hohe Kompetenz im Bereich der Verwaltung auf der einen Seite und das enorme IT-Knowhow auf der anderen Seite bietet uns die ekom21 gut strukturierte Prozesse. Das könnten wir aus eigener Kraft gar nicht selber gestalten. Hinzu kommen fachliche Aspekte wie IT- und Cybersicherheit, die Erfahrung und Ressourcen erfordern. Da verlassen wir uns gerne auf unseren Partner!

Welches sind aus Ihrer Sicht aktuell die drei größten Herausforderungen für Kommunen?

Die wichtigsten Herausforderungen für mich sind,

erstens, den ständig steigenden Ansprüchen gerecht zu werden,
zweitens, die kommunale Selbstverwaltung zu bewahren und
drittens, gemeinsam mit Politik, Unternehmen, Bürgern, Vereinen und Ehrenamtlichen unseren im internationalen Vergleich hohen Lebensstandard zu bewahren und allen Menschen ein gutes Miteinander zu ermöglichen.

Wie wünschen Sie sich Ihre Heimatstadt 2030?

Ich wünsche mir Battenberg als liebens- und lebenswerten Ort, an dem alle Generationen gerne wohnen. Dafür arbeite ich.

Und was begeistert Sie privat?

Privat bin ich großer Fußballfan, ich gehe gerne auf den heimischen Fußballplatz. Doch schaue ich Fußball auch gerne vom Spielrand und bin Anhänger von – ja, jetzt staunen Sie bestimmt – des FC Bayern und von St. Pauli, einer eher ungewöhnlichen Kombination. Im Urlaub zieht es mich immer nach Wyk auf Föhr. Ansonsten bin ich ein Familien-Mensch, der gerne Zeit mit Familie und Freunden verbringt – gerne bei einem „Mountbatten Cake“ (schmunzelt).

Herr Klein, vielen Dank für die Einblicke und das Interview.

 

Weiterführende Informationen:

 Hier geht es zum Rathaus von Battenberg: https://www.battenberg-eder.de

Wer gerne mal den berühmten „Mountbatten Cake“ oder auch Battenberg Kuchen backen will, hier findet sich eine Video-Anleitung: https://www.youtube.com/watch?v=Wauy_5YoDs8