Expertinnen im Dialog
Interview mit Martina Geske-Habig, Frankfurt am Main
Frau Geske-Habig am Anmeldeterminal
Was sind Ihre Aufgaben und die Ihrer Behörde?
Nach verschiedenen Stationen im Ordnungsamt leite ich seit 2015 das Sachgebiet Zentrale Dienste der Abteilung Kraftfahrzeugangelegenheiten im Ordnungsamt der Stadt Frankfurt am Main. Zudem vertrete ich die Abteilungsleiterin. Was wir tun? Die Zentralen Dienste sorgen für den reibungslosen Dienstbetrieb. Dazu schaffen wir alle Voraussetzungen – etwa indem wir den Kolleginnen und Kollegen alle zur Aufgabenerfüllung notwendigen Materialien bereitstellen. Auch die Kundensteuerung gehört zum Zuständigkeitsbereich.
Mit welchen Aufgaben gehen Sie täglich um?
Das Servicezentrum „RuA – Rund ums Auto" des Ordnungsamts Frankfurt fasst alle Kfz-bezogenen Dienstleistungen unter einem Dach zusammen. Der wohl publikumsintensivste Bereich ist dabei die Zulassungsbehörde für Kraftfahrzeuge. Frankfurterinnen und Frankfurter, Gewerbetreibende oder Zulassungsdienste können hier Fahrzeuge zulassen, abmelden und ummelden.
Die Fahrerlaubnisbehörde ist ein anderer Bereich und beschäftigt sich mit dem weiten Spektrum des Fahrerlaubnisrechts. Auch der Bereich Taxi- und Mietwagenkonzessionen ist hier beheimatet. Wenn Sie also schon mal in Frankfurt ein Taxi genutzt haben, sind Sie zumindest indirekt schon einmal mit uns in Kontakt gewesen. Außerdem erhalten berechtigte Personen bei uns ihren Bewohnerparkausweis.
Kurzum, wir bieten vielfältige Verwaltungs-Dienstleistungen rund um das Auto, die unsere Kundinnen und Kunden direkt an Ort und Stelle erledigen können.
Wie hat sich die Corona-Pandemie ausgewirkt?
Die Corona-Pandemie hat auch uns vor noch nie dagewesene Herausforderungen gestellt. Ein Kollege meinte: „Wir mussten uns fast jeden Tag neu erfinden“. Und ja, das trifft es auf den Punkt. Der sehr schnelle erste Lockdown führte dazu, dass wir die Dienststelle am 17.3.2020 für Privatkundinnen und -kunden schließen mussten und lediglich einen Notbetrieb aufrechterhalten konnten. Denn eins war klar: Systemrelevante Organisationen wie Rettungsdienste oder Katastrophenschutz müssen ihre Fahrzeuge auch während des Lockdowns zulassen können. In der Zwischenzeit haben wir unsere Dienstelle „Corona-Konform“ eingerichtet.
Wie ging es im RuA weiter?
Ab Mitte April 2020 haben wir begonnen, Termine per E-Mail oder Telefon zu vergeben und so in kleinen Schritten wieder zu öffnen. Wichtig war, dass sich jeweils nur eine geringe Anzahl an Menschen gleichzeitig im Servicebereich aufhielt. Nur so konnten wir Ansteckungsgefahren ausschließen. Wie Sie sich vorstellen können, wurden wir mit Terminanfragen überhäuft – in vier Wochen kommt bei einem Servicezentrum unserer Größe einiges zusammen!
Wie haben Sie denn den Dienstbetrieb aufrechterhalten?
Die Terminverwaltung haben wir anfangs sehr umständlich über MS-Excel organisiert. Praktisch hieß das, Menschen rufen an oder schicken eine E-Mail und wir schauen in einer Tabelle die freien Termine nach. Bis zu 20 Personen haben in ein und derselben Excel-Datei gearbeitet. Sehr aufwändig, denn der Termin musste zunächst manuell in die Tabelle eingetragen und dann auch manuell bestätigt werden. Auch Erweiterungen von Terminkapazitäten waren nur mit sehr viel Aufwand möglich.
Damit war schnell klar: Eine Terminverwaltung in dem Umfang ist mittels Excel eigentlich unmöglich. Lassen Sie mich einige Zahlen nennen, damit Sie eine bessere Vorstellung haben. Allein im Bereich Kfz-Zulassung hatten wir nur im Juni 2020 fast 100.000 Anrufe und rund 9.000 E-Mails. Diese Mengen kann man ohne professionelle Online-Terminvergabe nicht bewältigen. Daher haben wir auch sehr schnell entschieden, das gesamtstädtisch bereits geplante Projekt „Terminverwaltung Online“ mit tevis21 von der ekom21 für das RuA vorzuziehen und schnellstmöglich zu realisieren.
Wie sind Sie bei der tevis21-Einführung vorgegangen? Wer war beteiligt?
Hilfreich war, dass die Einführung eines Online-Terminsystems bereits beschlossen war. Somit lagen die ersten Konzepte für die Umsetzung schon vor. Die praktische Umsetzung lag dann beim Amt für Information und Kommunikation, der Ordnungsamt-IT und federführend bei unseren DV-Koordinatoren vor Ort. Das war sehr herausfordernd, denn das System musste zunächst an die Anforderungen der jeweiligen Bereiche angepasst werden.
Stück für Stück haben die Kollegen zunächst die häufigsten Anliegen im Bereich Fahrerlaubniswesen und Kfz-Zulassung angelegt und Terminschreiben neu entwickelt. Sie haben sichergestellt, dass in den Buchungsbestätigungen hinterlegt ist, welche Unterlagen die Kundinnen und Kunden für die verschiedenen Anliegen mitbringen müssen – denn natürlich braucht man für die Außerbetriebsetzung eines Fahrzeuges andere Dokumente als für eine Erweiterung der Fahrerlaubnis. Aber auch Zeitpläne haben die DV-Koordinatoren hinterlegt und die Benutzerverwaltung aufgesetzt.
Wer hat noch bei der Einführung unterstützt?
Das Ganze konnte man nicht ohne tiefergehende Kenntnisse von tevis21 umsetzen. Deshalb hat die ekom21 zusammen mit dem Anbieter Kommunix vor Ort Schulungen angeboten, in denen unsere DV-Koordinatoren ihre Fragen stellen und sich schlau machen konnten. Teilweise wurden so auch Lösungen für die Praxis entwickelt. Darüber hinaus gab es wöchentliche Telefonkonferenzen. Und neben der technischen Umsetzung hat das Projekt natürlich eine Vielzahl organisatorischer und ablauftechnischer Änderungen nach sich gezogen. Wie Sie sehen, es war wirklich ein großes Stück Arbeit.
Und die Bediensteten? Wann konnten die mit dem Termin-System durchstarten?
Im Juli 2020 haben wir zunächst alle Bediensteten Corona-konform vor Ort in tevis21 geschult. Die interne Freischaltung des Terminbuchungssystems war dann am 24. Juli 2020.
Ab diesem Tag haben wir neu eingehende Termine nur noch mit tevis21 verwaltet. Da die Software nach der Eintragung des Termins auch gleich eine Bestätigung per E-Mail an Kundinnen und Kunden versendet, waren keine tiefergehenden fachlichen Kenntnisse für die Terminvergabe notwendig. Das hatte einen riesigen Vorteil: Neben der wesentlich schnelleren Bearbeitung von Terminanfragen konnten uns auch fachfremde Kolleginnen und Kollegen aus anderen Abteilungen des Ordnungsamtes tatkräftig bei der Abarbeitung des Terminstaus unterstützen. Der Rückstand an Anfragen per E-Mail und Telefon war daher schnell abgebaut.
Wann haben Sie tevis21 auch für Externe zugänglich gemacht?
Nachdem wir das System zunächst einen Monat ausschließlich intern genutzt haben, sind wir zum 1. September 2020 erfolgreich online gegangen. Die am häufigsten gewünschten Anliegen kann man seitdem online buchen. Die Kundschaft hat das sehr gut angenommen. Zwar gab es auch noch nach der Veröffentlichung Wartezeiten von teilweise über drei Wochen. Aber die Zeit haben wir durch passgenaue Einsatzplanung der personellen Ressourcen kontinuierlich reduzieren. Heute geht es ruck-zuck!
Wie laufen Termine heute im RuA ab?
Zum eigentlichen Termin bringen unsere Kundinnen und Kunden ihre Terminbestätigung mit. Die Anmeldung erfolgt via QR-Code oder Wartenummer am Anmeldeterminal im Eingangsbereich des Servicezentrums. Denn nach wie vor ist es wichtig, den Einlass zu steuern. So können die Kundinnen und Kunden erst 15 Minuten vor dem Termin das Gebäude betreten und sich auch dann erst anmelden.
Wie war die Zusammenarbeit mit der ekom21?
Über die bereits erwähnten Schulungen und regelmäßigen Telefonkonferenzen erfolgte ein reger und guter Austausch. Gerade in der Anfangsphase war es sehr wichtig, einfach mal zum Hörer zu greifen, sich auszutauschen oder bei den Expertinnen und Experten nachfragen zu können. Das hat wirklich gut geklappt. Bei grundsätzlichen Fragenstellungen sind die Kolleginnen und Kollegen des Amtes für Information und Kommunikation sowie unsere interne IT unsere ersten Ansprechpartner, die dann zusammen mit der ekom21 unsere Herausforderungen lösen.
Wenn Sie an die Zeit vor dem Termin-Management-System zurückblicken, was hat sich geändert?
Die Arbeit im Servicezentrum „Rund ums Auto“ ist deutlich entspannter und planbarer geworden. Dies gilt sowohl für die Kundinnen und Kunden als auch für die Bediensteten. Wer sein Anliegen bei uns vortragen möchte, erhält im Vorfeld einen Termin und kommt dann beim Besuch des RuA ohne Umschweife zum Zug. Die Wartezeit für einen Termin im Privatkundenbereich ist auf knapp eine Woche gesunken. Gelegentlich sind auch Termine am selben Tag möglich, wenn sich Vakanzen ergeben.
Allerdings canceln nicht alle ihre Termine, wenn sie sie nicht wahrnehmen können – obwohl das online wirklich sehr einfach ist. Die entstehenden „No-Shows“ sind insofern ärgerlich, weil sie anderen die Möglichkeit nehmen, noch früher einen Termin zu erhalten.
Was leistet tevis21? Wie zufrieden sind Sie mit der Online-Terminvergabe?
Insgesamt hat die Online-Terminvergabe mit tevis21 unsere Leistungsfähigkeit deutlich erhöht. Über die Einstellung der angebotenen Termine ist es möglich, flexibel auf verschiedenste Ereignisse zu reagieren. Wenn sich die Kundinnen und Kunden vor Ort am Erfassungsterminal angemeldet haben, wird der Termin regelmäßig in den nächsten Minuten aufgerufen. Wartezeiten in der Dienststelle gibt es kaum. Somit ist auch von Kundenseite ein Termin bei uns im Haus sehr gut planbar und die Anliegen werden vollständig in kurzer Zeit bearbeitet.
Auch für die Bediensteten ist es entspannter, wenn die Kundschaft nicht in langen Schlangen wartet. Und Einsatzplanung ist viel präziser, weil wir wissen, wie viele Kunden angemeldet sind und wie viel Personal an den Schaltern zur schnellen Bearbeitung nötig ist.
Abschließend kann man sagen: Die Einführung des Online-Terminsystem tevis21 ist für das Servicezentrum „Rund ums Auto“ des Ordnungsamtes eine richtige Erfolgsgeschichte. Sowohl von Menschen, die durch Onlinetermine unsere Dienste in Anspruch nehmen, als auch von unseren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern erhalten wir ausschließlich positive Rückmeldungen.
Wenn es um den Einsatz von IT und Digitalisierung geht, was würden Sie Kollegen in anderen Verwaltungen empfehlen?
Ich bin der Auffassung, dass Digitalisierung in der öffentlichen Verwaltung notwendig und sinnvoll ist. In einer Welt, in der mehr und mehr kurze Wege und schnelle rationale Entscheidungen gefordert sind, kann sich auch die Verwaltung diesem Trend nicht entziehen. Das Servicezentrum Rund ums Auto hat hier einen wichtigen Schritt getan, der sich für uns gelohnt hat. Diese Erfolgsgeschichte können uns andere gerne nachtun und ebenfalls profitieren. Bei uns läuft es rund.