Bürgermeister im Dialog

Interview mit Mario Schramm, Haiger 

Mario Schramm, Bürgermeister Haiger (© Ralf Triesch)


Wer noch nichts über Haiger weiß, wie würden Sie Ihre Stadt beschreiben?  

Haiger ist eine Stadt mit Geschichte und lebendiger Gegenwart. Die Stadt im Drei-Länder-Eck von Hessen, Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz war Handelstor vom Siegerland nach Hessen. Westerwald und Rothaargebirge bieten viele Freizeitmöglichkeiten vor der Haustür, so dass wir auch eine „Stadt im Grünen“ sind. Vor allem aber ist Haiger eine wirtschaftsorientierte und zukunftsoffene hessische Stadt mit knapp 20.000 Einwohner*innen. 

Wer nach Haiger kommt – ob als Besucher*in oder für immer, ob privat oder geschäftlich – den erwartet eine liebenswerte und aufgeschlossene Bürgerschaft mit vielfältigen Einkaufsmöglichkeiten und weltweit agierenden Unternehmen. Hinzu kommen eine gute Kinder- und Jugendversorgung und eine senioren- und familienfreundliche Innenstadt. Aber bevor ich zu weit aushole: Am besten erlebt man die Dynamik direkt bei einem Besuch. Also auf nach Haiger, Sie sind herzlich eingeladen! 

Was bewegt Haiger aktuell besonders? 

Im Moment bewegt uns natürlich der Hessentag, denn eigentlich ist Haiger 2022 Hessentags-Stadt. Doch in Folge von Corona kann zum dritten Mal in Folge der Hessentag nicht stattfinden. Wir hatten lange gehofft, dass sich die Situation bessert. Aber der Magistrat hat sich nach reiflicher und intensiver Abwägung entschlossen, dem Parlament die Absage des Hessentages 2022 zu empfehlen. Und so ist es gekommen. Die Entscheidung ist uns sehr schwergefallen, aber sie war leider unumgänglich. 

Was bedeutet die Absage des Hessentages 2022? 

Wir bedauern dies natürlich sehr, denn seit der Bewerbung 2015 und dem Zuschlag 2018 hat sich in unserer Stadt sehr viel verändert. Wir haben vieles angestoßen – von der verstärkten Digitalisierung der Verwaltung, Baumaßnahmen wie dem Rabenscheider Tunnel bis hin zur Planung einer 1,5 Kilometer langen Hessentags-Straße mit Industrie-Schwerpunkt. Ortsansässige Firmen, Vereine, Kirchen, Glaubensgemeinschaften, das Land Hessen, die vielen Ehrenamtlichen, die Verwaltung – alle Beteiligten haben an einem Strang gezogen und gemeinsam viel Kraft und Energie investiert. Doch so bitter die Absage ist, wir haben auch viel Freude bei den Vorbereitungen gehabt und sind näher zusammengerückt. Da kann man als Bürgermeister nur Danke sagen. Die positive Energie und das vielfältige Engagement werden wir auch in Zukunft beibehalten. 

Wie geht es in Haiger weiter, was sind die kommenden Schwerpunkte der Stadtentwicklung?

Selbstverständlich haben Politik und Verwaltung in Haiger neben dem Hessentag sämtliche Entwicklungsnotwendigkeiten und -möglichkeiten im Auge behalten und weiter vorangetrieben. Wir haben einige Großprojekte auf der Agenda, die mit voller Energie umgesetzt werden. Hierzu gehören beispielsweise Modernisierungsmaßnahmen wie die Stadthalle, das Feuerwehrhaus und die Erneuerung der Kläranlage inklusive eines Faulturmes.

Andere Projekte dienen dazu, den Freizeitwert von Haiger zu steigern. Dazu laufen beispielsweise die Vorbereitungen für eine Freizeit- und Naturerlebnisfläche am Sportgelände „Haarwasen“ auf Hochtouren. Dort wird im Bereich einer ehemaligen Bahnfläche an zentraler Stelle im Stadtgebiet auf rund 10.000 Quadratmetern für Familien und Kinder ein attraktives Angebot geschaffen. Erreichbar ist dieses Gebiet unter anderem durch den neuen Radweg im Rabenscheider Tunnel, der unser Radwegenetz ergänzt und zugleich den neuen Panoramarundweg abrundet. Das sind Highlights für den Tourismus. 

Digitalisierung und Haiger – man hört, die Stadt ist gut aufgestellt?

In der Tat ist die Digitalisierung längst in sämtlichen Lebensbereichen unserer Bürgerschaft, aber auch bei den Unternehmen angekommen und schreitet mit enormer Geschwindigkeit voran. Ob es sich um Arbeit, Freizeitgestaltung, Gesundheit, Industrie und Gewerbe, Bildung, Politik, Vereine, Erreichbarkeit der Stadtverwaltung oder Innovationen wie 5G handelt – ohne entsprechende digitale Angebote, Plattformen und Netzwerke ist ein Leben in unserer Region nicht vorstellbar. Das wollen wir auch weiter unterstützen. 

Besonders wichtig finde ich, dass in den betroffenen Lebensbereichen die Digitalisierung auch tatsächlich Mehrwert oder Erleichterungen für die Menschen vor Ort schafft. Digitalisierung sollte stets die Lebensqualität insgesamt verbessern. Das wollen wir gestalten. 

Welche digitalen Angebote und Dienstleistungen stehen für Stadt und Verwaltung im Vordergrund?

Wie angesprochen, wollen wir möglichst viele Lebensbereiche der Menschen in Haiger verbessern. Dies geschieht bereits seit vielen Jahren. Insbesondere profitieren wir von der sehr guten Zusammenarbeit mit der ekom21. Dank deren intensiver Unterstützung und Begleitung haben wir bereits sehr große Fortschritte in der Digitalisierung unserer Verwaltungsdienstleistungen erzielt. Das bezieht sich etwa auf das Online-Zugangsgesetz (OZG), dessen Vorgaben wir zu großen Teilen bereits umgesetzt und abgeschlossen haben. Sehr geholfen hat dabei die „Digitalisierungskooperation“ mit den ekom21-Experten. 

OZG und Digitalisierungskooperation mit der ekom21 – was hat es damit auf sich? 

Die Stadt Haiger hat sich entschieden, als Musterkommune für Digitalisierung in Hessen zu agieren. Das heißt: Gemeinsam mit der ekom21 haben wir im Rahmen einer Kooperation Prototypen für die digitale Verwaltung entwickelt. Dabei handelt es sich um wiederverwendbare Verwaltungslösungen, die wir in Haiger erstellen und einsetzen. Gleichzeitig können auch andere Kommunen diese Bausteine nutzen, um Verwaltungsdienstleistungen schnell und einfach in den digitalen Raum zu verlagern. 

Wir haben das Gesamtprojekt „Digitalisierung der Verwaltung“ direkt auf Arbeitsebene gestartet und konnten daher das technische Knowhow der ekom21 mit dem Verwaltungswissen der Stadt Haiger perfekt kombinieren. Das war ideal, bis Ende 2022 wird die Stadt Haiger das OZG erfüllen. Technisch gesehen nutzen wir drei verschiedene Plattformen für die Digitalisierung: eine Prozessplattform (civento), eine ämterübergreifende Dokumentplattform (eAkte-Basis) und eine Datenplattform.

Das Ergebnis überzeugt: Wir wollten mit einer durchdigitalisierten Verwaltung den Haigerer Bürger*innen den einfachsten und schnellsten Weg ins Rathaus ebnen – den Weg vom Bildschirm aus. Das ist gelungen. Hier gilt besonderer Dank dem ekom21 Geschäftsführer Ulrich Künkel und seinem Team, die großartige Arbeit geleistet haben und immer noch leisten! Übrigens, auch dank der Digitalisierungskooperation konnten wir in Haiger Corona zum Trotz effizientes Verwaltungshandeln und guten Bürgerservice sicherstellen. 

Welche Ziele und Aufgaben haben Sie sich noch gesetzt?

Wir möchten gemeinsam mit der Bürgerschaft und den ansässigen Firmen, wovon einige als „Global Player“ sehr innovativ und erfolgreich sind, die Lebens- und Arbeitsbedingungen im Stadtgebiet weiter verbessern. Dabei geht es vor allem um allgemeine Fragen der Daseinsvorsorge – Gesundheitswesen, Bildungs- und Kultureinrichtungen, Mobilität und Wohnraum für alle. Manche Projekte sind spezifisch für die Region. Das wichtigste ist vielleicht die Initiative sämtlicher 23 Kommunen des Lahn-Dill-Kreises zum Ausbau der Breitbandversorgung. Hier sind wir zum Glück schon sehr weit vorangeschritten.

Und wenn Sie nicht als Bürgermeister gefordert sind, was entspannt Sie? 

Mir macht die Arbeit als Bürgermeister unheimlich viel Spaß, weshalb ich mich eigentlich nicht entspannen muss. Aber Spaß beiseite, ich verbringe sehr gerne Zeit mit meiner Familie. Ob wir nun zusammen mit Freunden kochen oder bald auch wieder grillen, Familie und Freunde sind mir wichtig. Dann lese ich gerne – am liebsten Thriller und Krimis mit Lokalkolorit aus Norddeutschland oder der Eifel. Und wenn die Sonne scheint, zieht es mich in die Natur. Den herrlichen Panoramarundweg in Haiger radele ich natürlich sehr gerne, schließlich formt Gegenwind den Charakter! 

 

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