Interview

Verwaltung goes SCHUFA

einfo21 digital: Herr Moericke, was bietet Kommunen eine Bonitätsauskunft bzw. Bankverbindungsauskunft der SCHUFA?

Michael Moericke: Die Nutzung des SCHUFA-Verfahrens ist für den größten Teil der Verwaltungen ein neuer Schritt. In Hessen bezieht sie sich auf das Bankverbindungauskunftsverfahren und die Anschriftenermittlung. Öffentlich-rechtliche Gläubiger und damit die Vollstreckungsstellen haben die Möglichkeit, „Hoheitliche Ermittlungsverfahren“ bei der SCHUFA in Anspruch zu nehmen. Die Vollstreckungsbehörden haben hier einen der Staatsanwaltschaft gleichzusetzenden Status und erhalten Auskunft über die im SCHUFA-Datenbestand gespeicherten Bankverbindungen eines einzelnen, eindeutig bestimmbaren Schuldners. Auch Adressanfragen sind bei einem berechtigten Interesse bei der SCHUFA möglich. 

In diesem Verfahren erlangen wir als Gläubiger Kenntnis über die im SCHUFA-Datenbestand gespeicherten Bankverbindungen des Schuldners. Die darauf erfolgende Kontopfändung hat sich als eine der erfolgversprechendsten Vollstreckungsmaßnahmen bestätigt. Gerade bei Verfahren, die ein Amtshilfeersuchen notwendig machen, erreichen wir eine starke Beschleunigung der Prozesse. Die Vollstreckungsbehörde kann diese Kontopfändungen bundesweit direkt vornehmen und bleibt Herr des Verfahrens.

einfo21 digital: Seit wann nutzt der Wetteraukreis diese Lösung ?

Das Verfahren mit der SCHUFA ist bei uns bereits seit Jahren etabliert, jedoch ist das Verfahren bislang nur wenigen Städten und Kommunen bekannt. Dennoch erzielen die Verwaltungen damit eine außerordentlich hohe Erfolgsquote.  Langjährige erfolgreiche Nutzer, darunter u.a. die Städte Hamburg und Frankfurt sowie der Wetteraukreis, bestätigen, dass die SCHUFA zu über 80% der Anfragen eine Bankverbindung beauskunftet, was eine sehr gute Quote darstellt. 

Die Nutzung von SCHUFA-Informationen durch die kommunalen Verwaltungen wurde in Hessen schon im Jahre 2005 durch den Hessischen Datenschutzbeauftragten (HDSB) reglementiert und genehmigt. Die Hessische Landesregierung hat dieses Verfahren wohlwollend zur Kenntnis genommen. Wir haben uns die Zustimmung zu den getroffenen Regelungen vorsorglich noch einmal aktuell (2019) bestätigen lassen. 

einfo21 digital: Welche Vorteile bietet Ihnen das Auskunftsverfahren bisher? 

Michael Moericke: Im Zuge eines Ermittlungsverfahrens durch die Staatsanwaltschaft bzw. der Stadt als Vollstreckungsbehörde ist eine Auskunftserteilung unter besonderen datenschutzrechtlichen Voraussetzungen möglich. Zur Auskunftserteilung sind Angaben zu Personalien, Geburtsdatum, aktueller Wohnsitz und  eventuelle Voranschriften erforderlich.

Mit der Anfrage wird bestätigt, dass ein berechtigtes Interesse im Sinne der einschlägigen Rechtsvorschriften vorliegt, welches nachweisbar dokumentiert werden muss.. 

Gemäß § 13 Abs. 1a BDSG wird zudem um Bekanntgabe der Rechtsgrundlage gebeten aufgrund derer die SCHUFA in diesem Fall zur Auskunft verpflichtet ist. Dies erfolgt, da die SCHUFA verpflichtet ist im Zweifel den Nachweis der ordnungsgemäßen Datenübermittlung führen zu können.

Diese Informationen werden per Fax an die SCHUFA übergeben und nach Bearbeitung zurückgesendet.

einfo21 digital:  Was ändert sich im neuen – bereits im Test befindlichen – elektronischen Verfahren?

Michael Moericke: Das Verfahren wird digitalisiert, sodass eine Anfrage über einen technischen Weg möglich ist. Hier steht die Möglichkeit offen, über eine Webplattform der SCHUFA anzufragen oder eine eigene Schnittstelle zu programmieren. Es besteht auch die Möglichkeit, die Schnittstelle über seinen Software-Partner anschließen zu lassen. 

Das Ergebnis der Anfrage hat man unmittelbar, sodass das Verfahren wesentlich schneller ist und die darauffolgenden Prozessschritte wie beispielsweise die Kontopfändung zeitlich nach vorne gezogen werden können. Darüber hinaus werden im neuen Verfahren die Anfragen nur trefferbasiert abgerechnet. Somit fallen für Anfragen, wo die Ermittlung negativ verläuft und die SCHUFA keine Auskunft zur Verfügung stellen kann, keine Kosten an. Hierbei liegen die Kosten für den einzelnen Treffer im mittleren einstelligen Euro-Bereich.   

einfo21 digital: Was bedeutet das für die Software Anbieter in den Fach- und Vollstreckungsverfahren? 

Michael Moericke: Die SCHUFA bietet mit dem neuen Verfahren ihren Nutzern einen beschleunigten Prozess an der sich durchaus in die Fach- und Vollstreckungsverfahren integrieren lässt. So sind unterschiedliche Automatisierungsstufen denkbar. Der Anfang könnte eine automatisierte Anfrage bei fehlenden Kontodaten sein, die nach erfolgreicher Recherche und Übermittlung durch die SCHUFA in einer automatisierten Fertigung der entsprechenden Pfändungsverfügung endet. In dieser Bandbreite ist jede Spielart denkbar.

einfo21 digital: Welche Vorteile ergeben sich aus der Zusammenarbeit für den Wetteraukreis?

Michael Moericke: Ein großer Vorteil ist das Kosten-/Nutzenverhältnis. Wir haben eine deutliche Reduzierung der Amtshilfeersuche, die nur noch erfolgt, wenn bei der SCHUFA keine Kontoverbindung registriert ist. In bis zu 80% der Fälle im Wetteraukreis, war die SCHUFA mit der Ermittlung der Bankverbindung erfolgreich. Dadurch erreichen wir eine deutliche Beschleunigung in den Prozessen. Die Bankverbindungsauskunft kann jederzeit ohne einen Mindestumsatz oder sonstige Vorbedingungen bezogen werden, sofern ein berechtigtes Interesse an der Anfrage besteht. 

Ein weiterer Vorteil ist die Nutzung der Adressinformationen. Anschriften haben im Zusammenhang mit der Vollstreckung einen hohen Stellenwert. Anschriften aus den Melderegistern geben häufig nicht die tatsächlichen, aktuellen Anschriften wieder. Auch in diesem Bereich besteht für die Kommunen in Hessen die Möglichkeit, mit der SCHUFA zusammenzuarbeiten und die dort gespeicherten Anschriften zu nutzen. Das Adressmaterial der SCHUFA wird auch von anderen Vertragspartnern – insbesondere aus dem Versandhandel, Telekommunikationsgesellschaften und Versorgern – angereichert. Hier wollen die Schuldner erreichbar sein bzw. beziehen an diesen Anschriften Leistungen. Die Paketzustellung, die neue Handykarte und Strom/Gas sollen ankommen bzw. fließen. 

einfo21 digital: In welchen Fällen melden Sie selbst Schuldner an die SCHUFA?

Michael Moericke: Der Erfolg der SCHUFA als Schutzgemeinschaft basiert auf dem „Gegenseitigkeitsprinzip“ – und wir sind Teil dieser Schutzgemeinschaft. Das bedeutet: Die Nutzung von Adressanfragen bei der SCHUFA setzt die Meldung von Forderungen unserer Schuldner bei niedergeschlagenen, privatrechtlichen Forderungen voraus. Hier kommt das Gegenseitigkeitsprinzip der SCHUFA zum tragen. 

einfo21 digital:  Herr Moericke, vielen Dank für das Interview.