Gelassenheit lernen

Persönliche Kompetenzen weiterentwickeln

„Oh, nein, auch das noch!“ – der Standesbeamte in einer hessischen Kommune, nennen wir ihn Herbert, lässt sich verzweifelt auf seinen Bürostuhl fallen. Seine Kollegin aus dem Nachbarbüro kommt und sieht: Smoothie auf Schreibtisch, Trauschein und Herbert. Bis zur nächsten Trauung war wegen einer sehr knappen dienstlichen Deadline kaum noch Zeit, da wollte er die Mittagspause zur Vorbereitung nutzen und gleichzeitig noch den mitgebrachten Spinat-Bananen-Smoothie trinken. Im Stress passierte das Missgeschick: Schwupps, das Glas kippt und der Drink ergießt sich auf Hemd, Schreibtisch und Trauschein. Für Herbert ist der Tag erst einmal gelaufen (auch wenn sich dann doch eine Lösung finden wird).

Gelassen bleiben

Auch wenn solche Ungeschicke nicht jeden Tag passieren: Der Arbeitsalltag für Verwaltungsprofis in hessischen Städten, Gemeinden und Landkreisen ist anspruchsvoll. Da sind neue Gesetze und Verordnungen, in die sich die Experten einarbeiten müssen. Bürger haben nicht immer angemessen Verständnis für das Vorgehen der Profis, auch wenn die das Beste im Sinn haben (und zum Teil kaum Handlungsspielraum). Und auch die Arbeitsverdichtung macht natürlich nicht vor der Verwaltung halt. Mehr tun in weniger Zeit? Da steigt der Stresspegel unweigerlich. Gelassen bleiben; das ist wichtiger denn je. Klingt einfacher als es ist?

Gelassenheit lernen

Die gute Nachricht: Gelassenheit kann man lernen. Sozusagen ein Spezialist für Gelassenheit ist Evolutionspsychologe Dr. Martin Morgenstern. Auf dem Weg zur Gelassenheit empfiehlt der Trainer und Coach, sich der Funktion von Stress bewusst zu werden. „Menschen handeln oft archaisch, denn in den letzten 50.000 Jahren hat sich die Menschheit genetisch nicht wesentlich verändert. Gibt es ein Problem, startet das Gehirn innerhalb kürzester Zeit ein Stressprogramm. Die Stresshormone drehen den Kreislauf hoch und spannen die Muskeln an. Der Körper ist jetzt bereit, das Problem so wie einst in der Steinzeit zu lösen: Durch Kampf oder Flucht. Und sollte beides nicht gehen, ist sich tot stellen die letzte Option“, erörtert Martin Morgenstern. In der Steinzeit sei dieses Programm sehr effektiv gewesen. Aber damals waren die Probleme andere. Nicht knappe Deadlines oder brummige Chefs, sondern hungrige Tiere oder Naturgewalten waren die Widersacher. Heutzutage lassen sich nur wenige Probleme körperlich lösen. Denn was nutzt ein hochgedrehter Körper, wenn der Computer streikt, der Kollege auf stur schaltet oder der Zeitplan drückt? Hier hilft ein kühler und überlegter Kopf mehr. „Denn leider,“ so Morgenstern, „hat das Stressprogramm die Eigenschaft, das Denken auszuschalten. Man könnte auch sagen, Stress macht ein wenig blöd“.

Stress im Griff

"In jedem Menschen lebt noch ein Gorilla", Dr. Martin Morgenstern

Wer sich der Mechanismen bewusst ist, kann rechtzeitig gegensteuern, zurück zur Gelassenheit finden und die hemmenden Effekte von Stress vermeiden. Martin Morgenstern weist allerdings auch darauf hin, dass sich das Stressprogramm des Menschen nicht einfach stoppen lässt. Hat der Körper das Stressprogramm erst einmal gezündet, läuft es automatisch im Hintergrund weiter. Man kann aber mit ihm umgehen und sich auf Lösungsperspektiven konzentrieren. Hinzu kommt, Menschen sind nicht jeden Tag gleich cool oder reizbar. Ein großer Teil des Stressmanagements habe mit Fitness zu tun. Weshalb Morgenstern in Seminaren auch Aspekte wie Schlaf, Ernährung und Bewegung behandelt. Die Teilnehmer probieren hier aus, welche Effekte bereits kleine Veränderungen auf Gelassenheit, Gesundheit und Lebensgefühl haben können. Aber auch ohne intensives Coaching kann man zur Gelassenheit finden. Den Lesern der einfo21 schlägt er zur Erprobung im Alltag eine einfache und wirkungsvolle Technik vor: Die drei goldenen Fragen.

Drei goldene Fragen

Wer Stress in sich aufkommen merkt, sollte folgende Technik anwenden und sich drei goldenen Fragen stellen:

 1. Kann ich das Problem gerade körperlich lösen?
Wenn ja, tun Sie es einfach. Sie brauchen keine weitere Technik. Wenn aber die Antwort nein ist, dann gehen wir mit der nächsten Frage das Problem und seinen Auslöser an. Als Beispiel nehmen wir eine wichtige dienstliche Deadline.

 2. Was kann schlimmstenfalls passieren?
Mit dieser Frage überlegen Sie sich den Worst Case. Etwa wenn bei Nicht-Einhaltung der dienstlichen Deadline der Chef tobt und die Ratssitzung erst verspätet starten kann. Und jetzt gibt es einen kleinen Trick, den auch die Psychotherapie gerne anwendet. Sie lernen zu akzeptieren: „Dann ist das so!“ Wenn das Problem nämlich einfach lösbar wäre, hätten Sie das schon längst getan. Allerdings besteht unser Problem noch fort. Also wird es Zeit für einen Perspektivwechsel. Dazu die dritte Frage.

 3. Was würde mir der coolste Mensch der Welt jetzt raten?
Der sind natürlich Sie! Aber aus dieser Perspektive sucht Ihr Gehirn nach Lösungen, weniger nach Problemen. Innere Antworten könnten etwa sein „Ruf den Chef an und schlage eine halbstündige Verschiebung vor“ oder „Bitte Deine Kollegin um Unterstützung“ – oder, oder, oder. Und manchmal sagt der coolste Mensch der Welt auch „Bleib ruhig, Du kannst es gerade nicht ändern“, so Martin Morgenstern.

Mit Zeitmanagement geht es besser

Stressbewältigung ist – fragt man Personalprofis – freilich nur ein Aspekt im Arbeitsalltag und beim Umgang mit Herausforderungen. „Wer gelassen ist, arbeitet konzentrierter und lösungsorientierter. So können Verwaltungsexperten viele Situationen besser meistern“, resümiert Charlotte Ramsaier, Personalentwicklerin und Trainerin. „Zusätzlich aber braucht man im Arbeitsalltag dringend auch die Fähigkeit, eigene Ressourcen optimal zu managen. Zeitmanagement ist ein sehr effizientes Mittel, um den Arbeitsalltag schnell zu verbessern. Ja, es ist überhaupt ein Schlüsselfaktor für beruflichen Erfolg, persönliche Zufriedenheit und natürlich für das Ansehen der gesamten Kommune“.

Carpe diem

Die langjährige HR-Managerin weiß aus Erfahrung, dass Methoden der Selbstorganisation schnell im hektischen Arbeitsalltag vergessen werden. Daher steigt sie bei ihren Trainings gerne mit einer Übung zur Bewusstwerdung der eigenen Situation ein. „Wieviel Zeit bleibt Dir im Leben? Diese Frage stellen wir an den Anfang und machen klar: Unser aller Zeit ist begrenzt. Steuern können wir nicht die Zeit, sondern nur unseren Gebrauch der Zeit“, sagt sie. Der überlegte Einsatz von Zeit ist letztlich der Kern des Zeitmanagements. Es geht darum, sich selbst hin auf seine eigenen Aufgaben (und auch Wünsche) zu organisieren. Dies zielorientiert zu tun und sich nicht vom Druck – sei er nun selbst erzeugt oder vom Chef – überfahren zu lassen, muss man trainieren. Am Ende führen Konzentration auf eine Tätigkeit, selbstbestimmtes Arbeiten und optimaler Mitteleinsatz zu positiver Resonanz auf die geleistete Arbeit. „Das sind die entscheidenden Faktoren dafür, warum wir bei der Arbeit Glück empfinden. Also, carpe diem, genieße den Tag, denn Lebenszeit ist knapp. Da sollte man nach Möglichkeit auch seine Arbeitszeit genießen“, so Charlotte Ramsaier.

Trainer vermitteln Techniken für den Arbeitsalltag und unterstützen Verwaltungsexperten dabei, persönliche Kompetenzen zu verbessern. Da lernt man etwa, einen optimalen Tagesplan zu erstellen. Kenner empfehlen: Nur 60 Prozent solle man fix einplanen, sonst nehme man zwangsläufig unerledigte Arbeit mit nach Hause. 20 Prozent bleiben für unerwartete Aufgabe, weitere 20 Prozent für kreative und soziale Aktivitäten. Oder man lernt mit Leitfragen das richtige Priorisieren von Arbeitsschritten, die Balance von beruflichen und privaten Zielen und natürlich Gelassenheit!

Persönliche Kompetenzen

Ob nun Herbert den Spinat-Bananen-Smoothie auf Schreibtisch, Trauschein und Hemd mit diesen Techniken hätte vermeiden können? Unbestritten ist: Knowhow, Fertigkeiten und Kompetenzen kommen keinesfalls aus dem Nichts.

Auch die Weiterbildungs-Angebote der ekom21-Akademie tragen zur persönlichen Kompetenz bei; sie sind inhaltlich breit und genau auf die Anforderungen der hessischen Kommunen zugeschnitten: Schulungen mit vielen praktischen Übungen zu Verfahren wie Gewässerschutz oder Liegenschaftsverwaltung gehören ebenso dazu, wie InDesign, die Grundlagen der Finanzverwaltung oder Kfz-Zulassungsverwaltung. Der Bereich „Persönliche Kompetenzen“ mit Zeitmanagement, Diplomatie, Mentaltraining oder „Coolyou“ mit Trainer Dr. Martin Morgenstern ist neu hinzugekommen.

Das Seminarangebot der ekom21 ist aufgrund der COVID-19-Pandemie und unter Berücksichtigung der jeweils geltenden Sicherheits- und Hygienekonzepte derzeit eingeschränkt und richtet sich nach der aktuell gültigen Verordnung des Bundelandes Hessen. Darum sind die Veranstaltungen im Bereich „Persönliche Kompetenzen“ derzeit alle mit dem Hinweis „auf Anfrage“ versehen. Nachfragen lohnt sich also.

Und Herbert? Der lässt sich von seiner Kollegin schnell beruhigen. Sie kann seine dringliche Dienstangelegenheit sogar kurzfristig übernehmen und ihn entlasten. Dann muss er lachen: Lieber Smoothie auf dem Hemd als auf der Hose. Denn – er öffnet den Büroschrank – für solche Fälle hat er immer ein Ersatzhemd im Büro. Ob er das in einem ekom21-Seminar gelernt hat?

Weiterführende Informationen

Wer sich für Seminare der ekom21 Akademie interessiert, findet weitere Informationen hier: https://www.ekom21.de/seminare/seminarauswahl/

Wer mehr zu Organisations- und Personalentwicklung wissen will oder ein Coaching sucht, wird unter anderem bei Charlotte Ramsaier fündig: https://www.charlotteramsaier.de/

 „In jedem Menschen wohnt noch ein Gorilla“ – schreibt Martin Morgenstern auf seiner Webseite: https://martinmorgenstern.com/